Die Suche nach dem Gold

Die Suche nach dem Gold

Montag, 1. September 2008

Italien für Anfänger, Teil IV: Im Auto

Der Vorschlag eines Berliner Abgeordneten dürfte vor eineinhalb Wochen die Mehrzahl der Deutschen verblüfft haben, die von ihm gehört oder gelesen haben. Andere dürften schlichtweg an der Hitzeresistenz seiner Denkzentrale gezweifelt haben. Mich selbst hat der Vorschlag zum Schmunzeln gebracht. Autokennzeichen sollen anonymisiert werden, hat dieser Hauptstädter ins Sommerloch geschrieen, um Diskriminierungen auf deutschen Straßen künftig vorzubeugen. Keiner soll mehr aufjaulen, weil plötzlich der Fahrer eines Würzburgers vor einem auftaucht. Dass die sich mit dem Lenken zuweilen schwer tun weiß ich aus Erfahrung. Keiner soll mehr über blödfahrende Fahrer aus Fürstenfeldbruck schimpfen. Ja, als ich das las, da fühlte ich mich zurückversetzt.

Auto fahren in Italien ist ein besonderer Spaß. Tollkühne Männer in ihren rollenden Kisten werden im Land der missachteten Geschwindigkeitsbegrenzung zu wilden Stieren. Das Problem bei der Sache: der Virus ist hochgradig ansteckend. Zugegeben: es lag mir natürlich fern, auf Autobahn oder Landstraße größere Unterschiede zwischen Süd- und Norditalienern zu machen – zumal man häufig gar nicht weiß, mit wem man es zu tun hat, seitdem irgendein Mann mit Einfluss (vermutlich jener eine italienische Mann mit Einfluss) beschlossen hat, den Kleinkriegen zwischen Industriebonzen und Olivenplantagenbesitzern auf dem Asphalt ein Ende zu bereiten. Man kann sich jetzt darüber streiten, ob man sich an dem Mann ein Vorbild nimmt, aber das führt zum Thema weg. Thema ist vielmehr der Virus, der einen erfasst und zwingt, in 50er-Zonen grundsätzlich 80 oder schneller zu fahren, Stopschilder als Landschaftsdekorationen abzutun und sich dennoch brav von Einheimischen überholen zu lassen.

Die etwa 20minütige Strecke vom Dorf zum Strand und zurück habe ich geliebt. D.’s Prophezeiung, ich würde sie bald hassen, bewahrheitete sich nicht. Bei der ersten Fahrt zum Strand fuhr er, was mir die Möglichkeit gab, zu beobachten. Ich fragte mich, was jener Italiener vorhatte, der bei sich aus der Ausfahrt raus- und beim Nachbarn wieder reinfuhr. „Mittagessen“, sagte Daniel nüchtern. Ich fragte mich auch, was der sonnenbebrillte Dunkelhaarige meinte, als er uns „cazzo“ zurief, weil wir frechen tedesci es nicht zuließen, dass seine Freundin am Steuer des Kleinwagens uns die Vorfahrt klaute. Dass „cazzo“ nichts mit Haustieren zu tun hatte, war mir sofort klar , die wahre Bedeutung erfuhr ich erst etwas später. Zur Beruhigung: wir haben es unfallfrei zum Strand geschafft. Dass wir dort am Abend einen Strafzettel über 36 Euro an der Windschutzscheibe fanden, weil wir ohne Parkausweis in blauen Parklücken standen (statt zwischen den weißen Begrenzungen direkt gegenüber) beunruhigte D. gar nicht. „Das vollstrecken die nie im Leben“, versicherte er. Und auch sein Vater M., mittlerweile im Heimatland angekommen, machte nur eine lässige Handbewegung: „Wirf ihn weg.“

Ich weiß nicht, wie sehr M. in Deutschland Italiener ist. In Italien ist er Italiener durch und durch. „Na, mozzarelle“, sagte er, als wir uns am Strand begegneten. „Schau dich mal an“, antwortete sein Sohn, während ich noch fassungslos realisierte, dass das fehlende „a“ am Ende von Mozzarella bedeutete, dass er auch mich gemeint hatte. In Gesprächen mit anderen Italienern redet M. unheimlich schnell und dirigiert mit den Armen Satzzeichen und Wörter. Und am Strand macht er das, was auch die meisten anderen Italiener machen. Beim Rest des Dorfes sitzen und das Meer daran hindern, dass es mit dem eigenen Oberkörper in Berührung kommt.

Abends aßen wir übrigens zusammen Pizza. . .

(Fortsetzung folgt)

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