Die Suche nach dem Gold

Die Suche nach dem Gold

Montag, 25. Juni 2007

Meine Professorin, die coole Socke

Aus der Tatsache, dass Professoren (Dozenten) ja irgendwie auch nur Menschen sind, folgt: Es gibt solche und solche. Meine Professorin G. (ausnahmsweise der Vorname, weil die Initialen des Nachnamens uniweit bekannt sind) ist eine solche. Körperlich recht klein, fachlich unbestritten ist sie die gefürchtete und unter bestimmten Studenten und Dozenten nicht immer ganz unumstrittene Regentin ihres Lehrstuhls, ja im Prinzip des gesamten (mit den Soziapathen, Verzeihung: Sozialforschern zusammengelegten) Instituts. Der Lieblingsdoc kann von Auseinandersetzungen mit G. ein Liedchen singen. G. doziert in diesem Semester vor einem immer gut gefüllten Hörsaal über die Vereinten Nationen und bietet die Folien dazu im Internet zum Download an. Jedoch: seit 11. Juni gab es keine Aktualisierung mehr. Was macht der gemeine Student unter diesen Umständen? Er ärgert sich zuerst, entscheidet dann aber, sich in Geduld zu üben, ein bisschen zu warten. Man will ja nicht gleich fordernd werden, frech geradezu, nur weil sich für einige Tage nichts tut. Nicht gegenüber G., vor deren Gewalt so mancher zittert. Irgendwann ist es dann aber an der Zeit, doch vorsichtig nachzufragen. Also wird eine E-Mail formuliert, natürlich jedes Wort in die Waagschale gelegt. Das Ziel: den Wunsch, endlich auf die Folien zugreifen zu können, griffig formulieren, ohne dabei unverschämt zu wirken. Kein leichtes Unterfangen.

Die E-Mail hat den Server zu Feierabendstunde gerade mal seit 25 Minuten verlassen, da ist die Antwort schon im Posteingangsfach:

"Sie sind der 1. und einzige, der nach dem download frägt. Das wollte ich nur mal testen!"

Mehr gibts nicht. Keine Anrede, kein Gruß. Aber immerhin: eine klare Aussage. Meine Professorin ist schon eine coole Socke.

Jetzt warte ich nur noch darauf, auf die Folien auch wirklich zugreifen zu können...

Mittwoch, 13. Juni 2007

Der Staffelstab des Lebens

Ich bin vor gut einer Stunde aus dem Bett gestiegen. Ausufernder Mittagsschlaf nennt man das wohl. Nach meinem Nachtschwärmertun in Kombination mit einem "Früh"-Aufstehenmüssen der vergangenen beiden Tage kein Wunder. Verpasst habe ich nicht viel. Sowieso befinde ich mich wie in Fesseln. Bis morgen. Bis ich es geschafft habe, rund 50 mehr oder weniger desinteressierte Menschen über lothringische Klosterreformen im zehnten Jahrhundert und Platons Staat zu informieren. Die Gedanken an die Referate lähmen mich, nicht wegen der Angst vorm Reden - auch wenn ich gerne mal schweige - sondern weil sie ihre Ellenbogen ausfahrend in meinem Kopf herumprollen und eine Beschäftigung mit anderen essentiellen Dingen unmöglich machen. Nun gut: ich kann noch essen und noch schlafen. Aber ich kann nicht lernen. Dabei beginnt in 955,5 Stunden meine Zwischenprüfung. Zum Glück ist sie geduldig. Und ölt schon mal ihre Ellenbogen. Das Leben besteht nur aus Etappen.

Dienstag, 5. Juni 2007

Der stille Schrei des schlechten Gewissens

Mal schnell Join me von Him einlegen, Green Days Whatsername und Where is my mind von den Pixies folgen lassen, Kopfhörer aufgesetzt und auf laut gestellt. Kurze Pause im allgemeinen Trubel des Junis. Und letzterer Song passt sogar wie die Faust aufs Auge. Dienstage sind schon im Allgemeinen mit intellektuellen Herausforderungen vollgepackt, ist doch das Wissenschaftstheorie- und -methodenseminar plus Tutorium kein Kurs, den man mal so im Vorbeigehen bewältigt. Zumal der Lieblingsdozent im Nürnberger Pokalsiegertrikot gerne mit seinem beeindruckenden philosophischen Wissen verwirrt, während man selbst im Nebel der Unsicherheit zwischen (heute:) Kritischem (positivistischem/empirisch analytischem) Rationalismus und dem sozialphilosophischen Konzept der Kritischen Theoretiker Adorno, Horkheimer und Co. aus der Frankfurter Schule stochert. Dienstage wurden zudem für gewöhnlich mit einem Seminar zu politökonomischen Fragestellungen kapitalistischer Wirtschaftssysteme und mit einer bis 22 Uhr andauernden psychologischen Ring-Vorlesung versüßt, aber beides muss heute anderen Verpflichtungen weichen. So zum Beispiel der Auseinandersetzung mit einer mittelalterlichen Quelle zu dem ersten der beiden Referate, die am Donnerstag in einer Woche zu halten sind. Der Kampf zwischen Quelle und Trinker (Leser) wäre vielleicht nicht ganz so einseitig, wenn der Trinker (Leser) irgendwann mal Latein gelernt hätte. Hat er aber nicht. Interessiert aber keinen. Quelleninterpretation ist trotzdem Pflicht. Zum Glück gibt es im Wohnheim Menschen wie A. Die ist zwar krank (also vergrippt) und hat morgen ein Referat, mir aber trotzdem versprochen, sich das mal anzuschauen, was ich auf gut Glück aus den 40 Seiten rauskopiert habe, aus der die Quelle besteht. Wenn die hebräische Bedeutung meines (zweiten) Vornamens (gleichzeitig ungebrauchter Nennname) zutrifft, sind wenigstens zwei halbwegs verwendbare Sätze unter den zwei Seiten.

A. hat sich bis Freitag Zeit erbeten. Am Montag ist die Vorbesprechung für das Referat, doch schon am Donnerstag fahre ich zum Arbeiten nach Stuttgart und komme am Sonntagabend zurück. Ich werde auf mein Glück vertrauen müssen und hoffen, etwas positives im Briefkasten zu finden. Wenigstens wird die quälende Ungewissheit keine Chance bekommen, mich zu pisacken. Ich habe keine Zeit für sie. Da ist das zweite Referat (Platon!), da ist die Zwischenprüfung, da sind die Partys, auf denen ich nicht fehlen darf - und das ist kein bloßes unbedingt Hingehenwollen, sondern ein tatsächliches Müssen, das natürlich trotzdem nicht weniger Spaß bereiten wird.

Trotzdem: im Zwischenraum zwischen Vernunft und Unvernunft, zwischen einem Wochenende über den Büchern und einem bei R. sowie A./N. in Freiburg (war geil, ihr Bebeks!) fühlt es sich nur so lange angenehm an, solange man nicht an sein eigenes schlechtes Gewissen erinnert wird.