Die Suche nach dem Gold

Die Suche nach dem Gold

Sonntag, 21. September 2008

Frucht des Lebens

Man stelle sich vor. Da taucht ein Brief auf, ein langer Brief, von einem der wichtigsten Menschen, die es im Leben eines Aufwachsenden geben kann: dem Vater. Nichts ungewöhnliches soweit. Doch nun stelle man sich vor. Der Vater ist seit elf Jahren tot, aus dem Leben gerissen durch eine tragische Krankheit. Und der Junge, Georg, hat ihn nie richtig kennen lernen dürfen. Weil er vier Jahre alt war, als ihn sein Papa verlassen musste. Er kann sich nicht sicher sein, ob die verschwommenen Erinnerungen, die in seinem Kopf herumirren, echt sind oder ob er sie sich zusammengesponnen hat. Anhand von Erzählungen, Fotografien, Videoaufnahmen. Und plötzlich ist da dieser Brief, wie eine Postkarte aus dem Jenseits. Geschrieben von einem Sterbenden, der eine Geschichte zu erzählen hat, die getränkt ist von Trauer und Energie zugleich. Die Geschichte eines Orangenmädchens, so zauberhaft wie das Leben selbst. Eine Geschichte, die Vater und Sohn metaphorisch gesprochen wieder zusammenführen wird.

Von Jostein Gaarder ist man es gewohnt, dass seine Bücher vor Kraft strotzen. Und doch ist es faszinierend, wie es einem Roman gelingen kann, seinen Leser den Sorgen des Alltags zu entreißen und in eine eigene Welt zu entführen, in der er sich so leicht wie eine Feder fühlen kann. Das Orangenmädchen ist eine dieser Erzählungen, die in einem das dringende Bedürfnis wecken, das Leben zu schmecken. Sich auf eine Parkbank zu setzen und zu staunen, wie die Dinge um einen herum ihren Lauf nehmen. Das Buch erinnert einen daran, dass man sich gestern, vor einer Woche, vor einem Monat oder zu Jahresanfang doch vorgenommen hatte, weniger zu arbeiten, weniger zu hetzen, auf die Rastlosigkeit zu pfeifen und stattdessen hin und wieder einfach nur auszuharren und der Musik des Lebens zu lauschen. Zu häufig tritt dieser gute Vorsatz in den Hintergrund, verdrängt von Verantwortung und Druck. Lesen ist ein Anfang.

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