Die Suche nach dem Gold

Die Suche nach dem Gold

Freitag, 27. April 2007

Die Nester der Vergangenheit

Das nimmersatte Gröhlen gut gelaunter Erstsemester-Zahnis drängt noch immer von der Dachterrasse herunter in den ersten Stock des Wohnheims. Da oben sitzen sie, mit viel Bier, Baguette und Bratwürstchen, lassen ab und zu ihren Blick schweifen auf dieses süße kleine Studentenstädtchen oder die stolze Festung, die des Nachts immer beleuchtet ist, und freuen sich, dass sie sind, wo sie sind. Angekommen im Studium, in einer Zeit, von der viele noch Jahrzehnte später sagen, sie sei die beste in ihres Lebens gewesen.

Kollege B. zum Beispiel. Ex-Kollege B., besser gesagt. "Ach, das Studium", sagt der immer, seufzt und bekommt einen verklärten Blick. Erst neulich wieder, beim Besuch in der Heimat, beim Besuch in der Redaktion, die in gewisser Weise eine Heimat in der Heimat war. Man vergisst nie, wo man groß geworden ist. Aber in die Freude der Rückkehr mischt sich ein leichtes Entsetzen. "Hier hat sich nichts geändert", sagt B. und scheint durch mein Auftreten frustriert, als erinnere er ihn an eine Art Stillstand in seinem Leben. Kollege G. gehe es zurzeit auch nicht gut. Er denke über eine mehrmonatige Auszeit nach, zwecks Klostergang oder Jakobswegwanderung. Und Redaktionsleiter C. fährt jetzt den Porsche seines Vaters.

Bei aller Freude über das Rendezvous mit der Vergangenheit. Es macht mir bewusst, wie richtig, wie wichtig die Entscheidung gewesen war, nach Jahren des permanenten beruflichen Aufstiegs in Stuttgart das selbstgemachte Nest zu verlassen und noch studieren zu gehen. Das Risiko eines Neuanfangs zu wagen. "Überleg dir das genau", hatte Mentor und bester Freund D. mich im Dezember 2004 noch gewarnt. "Vielleicht tun sich hier neue Perspektiven auf." Kurz darauf war auch er überzeugt. Ich ging meinen Weg. Ich ging. Und tauchte ein in eine neue Welt, deren Erfahrungen mich haben reifen lassen.

Und wenn ich heute zurückkehre, wenn ich heute Aufträge übernehme, aus alter Verbundenheit, aus Loyalitätsgründen, dann genieße ich jede Minute, jede Zeile. Denke mit einem Lächeln zurück an die Zeit, an das Lernen, an das Begreifen. Doch ich habe mein Nest verlassen. Und so ganz zurückkehren, das werde ich nie mehr.


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